Die Goldene Feder des MPC 2017

Dr. Hans-Rüdiger Etzold ausgezeichnet

2017 dr. h. ruediger etzold

Anlässlich der MPC Jahrestagung in Worms wurde am 19. Mai die Goldene Feder des MPC 2017 verliehen.

Aus der Laudatio von Dr. Harry Niemann:

Er wurde auf einer Nordseeinsel geboren, in Hamburg absolvierte er eine Kraftfahrzeug-Mechanikerlehre, später schrieb er dann für eine Automobilzeitung, die sich mit nur einem Auto beschäftigte und in der Folge vermarktete er sein automobiles Wissen in Buchform, womit er zum Millionseller wurde. Haben sie ihn erkannt? So ähnlich könnte das beliebte Personenrätsel eines Wochenmagazins in unserem Fall lauten.

Sein Oevre ist breit gefächert. Von der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Automobilgeschichte bis hin zum Reparaturhandbuch für den interessierten Do-it-yourself- Bastler ist alles vorhanden. Hans-Rüdiger Etzold, im näheren Umfeld kurz Etze genannt, hat das Geschäft mit Schraubenschlüssel und Feder von der Pike auf gelernt. Schon im zarten Alter von 13 Jahren baute er aus Einzelteilen eine NSU Quick auf, die er in Ermangelung eines Führerscheins nur im trockenen Watt bewegte, da dieses seines Erachtens ja nicht zum Festland gehörte, er ergo für seine Fahrten im Meer keinen Führerschein benötigte. Folgerichtig absolvierte er eine Mechaniker-Lehre in Hamburg dem er ein Studium der Fahrzeugtechnik anschloss. Aber statt als Ingenieur seine Brötchen zu verdienen, wendet er sich der schreibenden Zunft zu und geht zum Stalling-Verlag in Hamburg, der die Zeitschrift Automobilwirtschaft übernommen hat und dringend einen technischen Redakteur sucht. Etze fing als Volontär für monatlich 750 DM an. 8 Monate später dann die Entlassung, da die Automobil-Zeitung an einen Düsseldorfer Verlag veräußert wurde.

Glück für Rüdiger Etzold, dass just zu jener Zeit Jung-Westrup, Claus Peter Becker und Horst Stern in Stuttgart die „Gute Fahrt“ verließen. Gefragt war ein technischer Redakteur; Hermann Rest stellte Etzold ein, auch deshalb, weil er schon als Teenager für eine Hamburger Jugendzeitschrift geschrieben hatte.

Die „Gute Fahrt“, man weiß es, ist die Zeitschrift für Volkswagenfahrer, erfunden übrigens von Arthur Westrup. Immer nur über VW und den Käfer schreiben, kann auf Dauer indes ein wenig ermüden. Da kam ein Buggy Projekt gerade recht. Es diente nicht nur der Unterhaltung, sondern spülte auch einige DM in die Kasse des Konstrukteurs, nachdem Karmann in eine Kleinserienfertigung einstieg. Der Gewinn wurde in einen VW-Porsche investiert.

Ein Ziel hatte Etzold in jener Zeit trotz intensiver Arbeit als Buggy-Konstrukteur und stellvertretender Chefredakteur nicht aus den Augen verloren: Er wollte sich ein zweites Standbein aufbauen, um unabhängig zu sein. Und das war jener Startschuss für die legendäre Auto-Reparatur-Buchreihe „So wird´s gemacht.“ Urlaubs- und Feiertage waren hinfort gestrichen. Und als 1976 der 10. Band in seiner Buchreihe erschienen war, machte Etzold sich selbständig.

Um diese Zeit ging Jürgen Lewandowski zur Süddeutschen Zeitung, fragte bei Etze an, ob er ihn redaktionell unterstützen könne.

Das war der Startschuss für etliche Artikel in der Süddeutschen und viele andere Zeitungen und Zeitschriften, so dass Etzold mit Fug und Recht behaupten kann: es gibt praktisch keine Zeitung und keine Zeitschrift mit Rang und Namen, für die ich keine Artikel geschrieben habe. Dabei hätte ein Satz, geschrieben in der Süddeutschen für ein Honorar von 1 DM und 10 Pfennig, beinahe seine journalistische Laufbahn abrupt beendet. Es ging um den EA 266, eine Porsche-Entwicklung für Volkswagen. Der EA266 sollte den Käfer ablösen. Das Besondere an diesem Modell war die Position des Motors, denn der saß fast in Fahrzeugmitte.

Über dieses Modell, von dem es nur einige wenige Prototypen gab, schrieb Etze in der Süddeutschen: „Der EA 266 hätte nicht nur so manchen braven Familienvater gegen einen Baum gesteuert, sondern Volkswagen auch in den Ruin.“ Verständlich, dass Porsche dies gar nicht goutierte und Rüdiger Etzold mithin eine Millionenklage ins Haus schickte. Glücklicherweise fand Etze einen Cheftechniker, der das Folgende zu Protokoll gab: „Man kann in diesem Satz nur jedes Wort unterstreichen.“

Die Buchreihe entwickelte sich prächtig, so dass Etzold nicht nur ein Redaktionshaus erstellte, sondern gleichsam eine kleine Redaktion aufbaute. Zeitweise hatte er 6 festangestellte Mitarbeiter, Zeit ergo für andere Projekte. Es entstand die 4-bändige VW Käfer-Dokumentation, ein Mofa- und Moped-Reparaturbuch, ein Golf GTI-Buch und Broschüren für Continental, Mercedes und Volkswagen. Zeitweise übernahm er die Pressearbeit für das Golf-GTI-Treffen am Wörthersee. Er schuf die kleinste Tageszeitung der Welt für eine Pressevorstellung von VW und schrieb über Jahre hinweg Pressetexte für Audi.

Ende 1987 fragte Audi an, ob er nicht die Unternehmensgeschichte aufarbeiten wolle. Etzold willigte ein und machte sich an die Arbeit. Ein Mitstreiter war der Ansicht, dass man mit diesem Thema auch promovieren könne und so kam es zum Kontakt mit der Hochschule für Verkehrswesen. Beim ersten Treffen mit Doktorvater Prof. Peter Kirchberg wurde Etzold versichert, man habe sogar schon mal einen Ausländer promoviert. Es handelte sich um einen Chinesen. Die Mauer fiel und Rüdiger Etzold gehört sicherlich zu den ganz wenigen „Ausländern“, die noch unter DDR-Recht 1991 promoviert wurden.

All seine Aktivitäten konnte Etzold nur umsetzen, weil die Buchreihe von Jahr zu Jahr neue Verkaufserfolge erzielte. 1987 war das einmillionste Buch-Exemplar verkauft. Durch die Wiedervereinigung gab es einen regelrechten Run auf Kfz-Reparatur-Handbücher und alle osteuropäischen Länder baten um Übersetzungsrechte. Zeitweise wurden täglich 1000 „So wird´s gemacht“-Bücher verkauft, respektive 300.000 im Jahr. Inzwischen sind 6,7 Millionen Exemplare verkauft. Spiegel online gar titulierte sie als die „Bibel der Schrauber“. Nach wie vor greift er auch noch gerne zur Feder, um sich bei der Diskussion automobiler Themen zu Wort zu melden. Dies allerdings mit leicht abnehmender Tendenz, gilt es doch verschärft am Handicap zu arbeiten oder mit dem Karmann Ghia lauschige Landstraßen unter die Räder zu nehmen. Nun hat er auch noch die Goldene, zu der wir recht herzlich gratulieren.

Zusammen mit seiner Frau Christine hat Rüdiger Etzold darüber hinaus eine Stiftung gegründet, die unter anderem intensiv mit der Hochschule für Medien in Stuttgart zusammenarbeitet, um eine „verstehbare Wissensvermittlung“ zu fördern.

Kontakt

Mobilitäts Presse Club e.V.
Ulrich Nies (Vorsitzender)

Geschäftsstelle:
Am Bornrain 4
63589 Linsengericht
Tel. 06051 5388545
verwaltung@mpc-ev.de

Das Online-Magazin des MPC

mpc magazin online